Meinung
Die BVT-Affäre als Coup für den Rechtsstaat?

Die Vorwürfe ihres ehemaligen Direktors und die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft sorgen für Diskussionen über das BVT. Angesichts bisheriger Praktiken im BVT könnte die Causa auch etwas Positives mit sich bringen.
Kommentar von Tino Taffanek
Die am 28. Februar auf Betreiben der Korruptionsstaatsanwaltschaft beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) durchgeführte Hausdurchsuchung schlägt noch immer hohe Wellen. Besonders die Beschlagnahmung von Daten der Leiterin des Extremismusreferats, Sibylle Geißler, löste vielfach Empörung aus.
Dicke Luft im BVT
Jedoch ist auch im BVT selbst längst nicht alles eitel Wonne. Der Gründer und erste Direktor des Amtes, Gert-René Polli, ortet schwerwiegende Probleme im BVT. Er beklagt die Auswahl der Personen anhand ihres Parteibuchs, anstatt ihrer Qualifikationen. Dieses Vorgehen sei unter Peter Gridling, aktueller Direktor des BVT, üblich geworden. Auch den Einsatz einer Polizeieinheit, deren Chef FPÖ-Mitglied sein soll, verteidigte Polli.
Direktor suspendiert
Da man derzeit auch gegen den Gridling ermittelt, wurde dieser von Innenminister Herbert Kickl vom Dienst suspendiert. Gridling wurde erst vor kurzem als Direktor des BVT wiederbestellt. Er verteidigt sich jedoch und gibt an, sich keiner Schuld Bewusst zu sein. Es ist davon auszugehen, das Gridling bis zur Klärung der Vorfälle suspendiert bleiben wird. Der Ball liegt somit bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft.
Falter wittert Coup
Florian Klenk vom Falter hingegen wittert einen Coup aus dem Innenministerium. Kickl vertraue Gridling nicht und wolle ihn diskreditieren und als öffentliche Personen „erledigen“. Er untermauert seine Theorie mit Gridlings „Kampf gegen den Rechtsextremismus“, der auch die FPÖ sowie Kickls Mitarbeiter treffe. Kickl behaupte laut Klenk jedoch, dem Rechtsstaat zum Durchbruch zu verhelfen und keine parteipolitischen Interessen zu verfolgen. Sibylle Geißler, die in einem internen Dossier eine Veranstaltung, an der Kickl teilnahm, als „Vernetzungstreffen der rechtsextremen Szene“ bewertete, solle durch „Dirty Campaigning“ in die Pension getrieben werden.
Fragwürde Berichte vom BVT
Das Extremismusreferat unter Geißler ist vermutlich auch für den Fachbeitrag „Neurechte Phänomene“ aus dem letzten Verfassungsschutzbericht verantwortlich, der sich liest, als hätte man direkt von Antifa-Seiten abgeschrieben. Dort bezeichnet man beispielsweise die Identitäre Bewegung als extremistisch, obwohl aus ihren Reihen keine einzige Verurteilung vorliegt. Demographische Entwicklungen, die unter anderem auch in einer Publikation des FPÖ-Bildungsinstitut herausgearbeitet wurden, bezeichnet man darin als Verschwörungstheorien.
Durchbruch für den Rechtsstaat
Dem BVT wird also von seinem Ex-Chef ein „Netzwerk von Günstlingen” sowie „Führungsmangel” vorgeworfen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen den derzeitigen Direktor. Und einige der vom BVT herausgegeben Publikationen sind als eher fragwürdig zu betrachten. Angesichts dieser Tatsachen könnte Kickl mit seinem mutmaßlichen Coup tatsächlich dem Rechtsstaat zum Durchbruch verhelfen.

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